Reformation

Aufgezeichnet von Oberlehrer Georg Götz, Wildenreuth


Die Reformation fand im Nordgau rasch Eingang.
Nachdem im Jahre 1620 in der Schlacht am weißen Berg zu Prag, Friedrich von der Pfalz, der Böhmenkönig besiegt war, verlieh der Kaiser dem bayerischen Herzog Maximilian den I. 1623 die Oberpfalz lebenslänglich und 1628 erblich.

Herzog Wilhelm Wolfgang von Neuburg, vermählt mit einer Schwester des katholi­schen Kurfürsten Max von Bayern, war vor seinem Regierungsantritt zur katholi­schen Religion übergetreten. Da ihm als Landesherren das Recht zustand, die Konfession seiner Untertanen zu bestimmen, so befahl er die Wiedereinführung der katholischen Lehre in seinen Ländern. Im Amt Parkstein/Wildenreuth fand er jedoch an den Mitgemeinschaftsherren, dem lutherischen Herzog August von Sulzbach und an dem kalvinischen Kurfürsten Friedrich den V. (seinem Bruder) von der Pfalz erheblichen Widerstand.

Nach der Schlacht am weißen Berg bei Prag im Jahre 1620 wurde Friedrich der V. seiner Länder verlustig. Von ihm hatte Herzog Wolfgang Wilhelm keinen Widerstand zu befürchten. Dafür machte ihm aber sein Bruder August von Sulzbach die größ­ten Schwierigkeiten. Wolfgang Wilhelm begann trotzdem 1627 die Gegenreformation, die sein Vicekanzler Simon von Labricqu mit rücksichtsloser Energie durchführte. Am 17. August 1627 ist Simon von Labricqu mit Herrn von Podewils auf Wildenreuth frühmorgens nach Erbendorf gekommen, hat die Bürgerschaft samt dem Rat in die Kirche zusammengerufen und dort den katholischen Meßpriester Peter Schwärzler von Windischeschenbach zu ihren Pfarrer öffentlich ernannt. Bürgermeister und Rat mußten für sich und die Bürgerschaft einen Revers unterschreiben, daß sie die Glaubensänderung anerkennen. Am Samstag, den 18. August 1627 hielt Schwärz­ler die Vesper und am Sonntag die heilige Messe, nachdem der katholische Dechant Thomas Grötsch von Kastl zuvor gepredigt hatte.

Der lutherische Pfarrer Paul Häberlein, Vater von 10 kleinen, ganz unerzogenen Kindlein und den lutherischen Prediger Thomas Grüner zwang Simon von Labricqu ihre Ämter niederzulegen. Am 23. August 1627 ließ er sie nach Floß rufen, wo er ihnen ihre Dienstenthebung mitteilte und ihnen befahl, ihre Wohnungen zu räumen.

Er versprach ihnen, daß sie mit ihren Familien noch einige Zeit im Lande blei­ben dürften, wenn sie still und eingezogen sich halten. Auch sollte ihr verdien­ter Sold und noch zum Abzug (Wegzug) 1/4 Jahressold gefolget werden. Grüner bat für sich, Weib und Kind um ein wenig Unterhalt in seinen hohen Alter, worauf der Vizekanzler antwortete, wenn er sich zur katholischen Religion abkommandieren werde, wollte er ihn die Willfahrung versprechen. Propst Grüner entgegnete, in seinem hohen Alter könne ers nicht tun.

1628 wurde dem Adel und den Untertanen befohlen, zur katholischen Lehre zurückzukehren, oder das Land zu verlassen. Die lutherischen Geistlichen zu Er­bendorf wurden aufgefordert, in den katholischen Prozessionen mitzugehen. Da sie sich weigerten, dies zu tun, wies man sie aus dem Lande. Den Propst Thomas Grüner finden wir daher am 26. Juni 1628 in Nürnberg, wo er vom dortigen Rat
4 fl. Almosen erhielt. Häberlein starb 1634 in Wunsiedel. Mit besonderer Strenge scheint der Ausweisungsbefehl in dem Gebiet um Erbendorf nicht durchgeführt worden zu sein. So zum Beispiel wurde dem lutherischen Erdmann Ernst von Pode­wils auf Wildenreuth und der kalvinischen Familie von Hundt auf Thumsenreuth
oft gedroht, ihnen auch manche Schwierigkeiten wegen ihres Aufenthaltes im Lande bereitet, aber niemals hat man die landesherrliche Anordnung bei ihnen angewendet.

Zum katholischen Glauben traten 1629 über:
Christoph Adam Notthaft von und zu Weißenstein auf Friedenfels und Poppenreuth,
Hans Georg Steinhauser auf Siegritz,
Egid Steinhauser auf Grötschenreuth - Frauenberg,
Wolf Heinrich von Trautenberg auf Lehen,
die Witwe des Hans von der Grün auf Trautenberg und Burggrub.

Ihr Sohn Hans von der Grün dagegen zog die Auswanderung einer Glaubensänderung vor; desgleichen der greise Georg Friedrich von Unruh auf Reuth, der wenige Monate darauf im Markgrafentum Bayreuth starb. Seine Witwe lebte in Wunsiedel in kümmerlichen Verhältnissen. Ihr einziges Kind war Anna Barbara, deren Gemahl Hans Adam von Sparneck 1629 ebenfalls aus dem Lande gewiesen worden war. Das Landsassengut Reuth verblieb zwar der Familie Unruh, doch mußten sie einen katholischen Verwalter stellen.

Bemerkenswert ist der Kölner Vergleich, der zwischen Herzog Christian August und dem Erbprinzen Wilhelm am 22. Februar 1652 abgeschlossen wurde, nach welchem den beiden Konfessionen im Herzogtum Sulzbach und im Amt Parkstein/Weiden der gemeinsame und gleichberechtigte Gebrauch der Kirchen und Schulen, Spitäler und milden Stiftungen zugesichert wurde. Damit war das Simultaneum geschaffen.

Ein Verzeichnis vom 28. Oktober 1661 weist auf:
Erbendorf  549 Protestanten 142 Katholiken
Thann 48 Protestanten 1 Katholik
Altenstadt 52 Protestanten 4 Katholiken

Die Durchführung des Simultaneums besorgte im Amte Parkstein/Weiden der neuburgische Oberkanzler Franz von Giese. Als dieser am 30. April, 1663 in Wildenreuth ankam, wehrte sich der damalige Hofmarksbesitzer Erdmann Ernst von Podewils gegen die Annahme des Simultaneums mit dem Vorgehen, daß Wil­denreuth ein markgräflich-bayreuthisches Lehensgut sei und kein einziger Hintersasse darin der katholischen Religion zugetan sei. Dieser Einspruch wurde nicht beachtet und die Simultanisierung mit Gewalt vollzogen. Der Oberkanzler und der Landrichter von Weveld zu Parkstein führten in Beglei­tung von 10 bewaffneten Reitern einen Kapuziner von Parkstein mit dem Mes­ner und einem Ministranten, welche brennende Kerzen trugen, in die Kirche, die gewaltsam geöffnet wurde, weil Freiherr von Podewils die Kirchenschlüssel nicht herausgab. Nachdem geläutet und am Altar die Litanei gesungen worden war, wurde das Simultaneum für eingeführt erklärt. Alsdann reiste die Kommission wieder ab.

Die Einführung des Simultaneums hatte viele Streitigkeiten der Konfessionen im Gefolge.
Am 26. Februar 1671 kam der katholische Pfarrer Honoldt von Erbendorf in Begleitung seines Vorgängers Fluck, der sich trotz der an ihn ergangenen Landesverweisung noch immer in und um Erbendorf herumtrieb, nach Wildenreuth. Sie gingen auch zu Erdmann Ernst von Podewils, der ihnen kein Gehör schenkte.

Die Anstellung eines Kooporators im Herbst 1702 zwang den katholischen Pfarrer Weiß der Vermehrung seines Einkommens sein Augenmerk zu schenken. Dadurch geriet er mit dem protestantischen Pfarrer Biäsch in Erbendorf und mit den protestantischen Pfarrern auf den katholischen Pfarrfilialdörfern in Streit. Biäsch bezog von den Dörfern Wetzldorf, Grötschenreuth und Hauxdorf den Zehent, ohne in den genannten Orten einen Pfarrangehörigen zu haben.

Von Hauxdorf schreibt Pfarrer Weiß: „In diesem Dorf leidet man keinen Lutheranen“. Die protestantischen Pfarrer auf den katholischen Pfarrfilialen waren deshalb sehr aufgebracht, als Pfarrer Weiß im Jahre 1702 seinen Pfarr­zehent zu Trautenberg, Krummennaab, Wildenreuth und Frodersreuth, der seit Einführung des Simultaneums an sie verpachtet war,zum ersten Male selbst einhob. Am 5. Oktober 1706 schrieben der neuburgische Landrichter zu Parkstein und der sulzbachische Landrichter und Pfleger zu Weiden an alle Pfarrer und Landsassen der Pfarreien Thumsenreuth, Krummennaab und Wildenreuth, daß sie die Landesherrschaft beauftragt habe, dem Simultaneum entsprechend die dortigen Pfarrhäuser, Schulhäuser, Wiesen, Felder und Weiden gleichmäßig zu teilen. Bisher hatten die evangelischen Pfarrer und Schulmeister gegen einen jährlichen an den katholischen Pfarrer beziehungsweise Schulmeister zu Erbendorf zu zahlenden Zins sämtliche Grundstücke in Nutznießung.

Eine landesfürstliche Verordnung von 1682 über Mischehen verlangte von den Braut­leuten solcher Ehen die schriftliche Versicherung, ihre Kinder katholisch zu erziehen. Widerspenstigen,insbesondere Katholiken,welche ihren Glauben änderten,drohte die Ausweisung aus dem Lande und die Einziehung ihres Besitzes.
Im Jahre 1700 schreibt Pfarrer Weiß, daß
Erhard Steiner in Steinbühl (dessen Frau war katholisch), die Hebamme zu Wildenreuth (die Witwe des katholisch gewesenen Stephan Kirmreuther),
Mathias Fichtner zu Frodersreuth,
die Witwe Katharina Baimler und
der Bäcker Jakob Multerer zu Erbendorf
ihre katholisch getauften Kinder lutherisch erziehen.

Die an den Zimmermann Ulrich Stock in Wildenreuth verheiratete Margarete Richter (eine Tochter der alten Tuchmacherin in Wildenreuth) wurde in Neustadt am Kulm lutherisch. 1707 waren bei der Regierung in Sulzbach folgende Leute wegen lutherischer Erziehung ihrer Kinder angeklagt:
eine weitere Tochter der alten Tuchmacherin in Wildenreuth, Schuhmacher Christoph Illing in Wildenreuth,
Peter Eckstein von Birkenreuth,
Georg Fichtner von Wildenreuth und
Thomas Tröber, ebenfalls von Wildenreuth.
(Diese Männer waren alle mit katholischen Frauen verheiratet).

Am 7. Mai 1715 befiehlt die neuburgische Regierung, Christoph Illing, Hans Sailer und Martin Sailer, falls sie sich abermals weigern sollten, ihre katholisch getauften Kinder katholisch zu erziehen, „sonach 8 Tage in den Arrest zu sperren und mit geringer Atzung abzuspeisen“.

Die religiösen Parteien fanden großen Geschmack, gegen die andere Partei zu schüren und zu hetzen. Alles Gassen- und Bierstubengeschwätz wurde in die Pfarrhäuser getragen, wo es willige Ohren gab und fand. Der Herzog von Sulzbach, dem die Verhältnisse in dieser Gegend wohl bekannt waren, gebot am 7. März 1729 beiden Pfar­rern in Erbendorf, sich künftig alles Schmähens und Schimpfens auf der Kanzel zu enthalten.

Das Kapitel „Mischehen“ brachte Kooporator Stuben im Jahre 1901 in größte gedankliche Verwirrung. In der Simultankirche Wildenreuth gab er am Schluße seiner Predigt bekannt: „Wildenreuth ist ein Schandfleck in der Diözese Regensburg. Es sind hier 7 Mischehen mit protestantischer Kindererziehung. Diese Leute bedachten nicht was sie begangen haben. Wenn sie einst sterben, werden sie nicht begraben wie Christen,sondern eingescharrt wie Hunde. Pfui, Wildenreuth, pfui und nochmals pfui!“

Zwei Männer, Maurer Andreas Hirschmann und Taglöhner Anton Melzner verließen sofort den katholischen Gottesdienst, die Kirchentüre nicht gerade sanft schließend. In der ersten Nachmittagsstunde begab sich Hirschmann in Begleitung des Maurers Gottlieb Sperber nach Erbendorf und erklärte beim Geistlichen Rat Maier seien Aus­tritt aus der katholischen Kirche. Später trat er in die evangelisch-lutherische Kirche ein. Der Taglöhner Melzner wurde in der folgenden Nacht (Sonntag auf Montag) von schrecklichen Wahnvorstellungen geplagt, so daß er nur mit Hilfe der Nachbarsleute in seiner Wohnung verblieb.

zurück