Schule und Kirche
Im Jahre 1300 wird ein Streit zwischen Rodger von Wartberg und den Augustinern von Schönthal „freundschaftlich“ beigelegt und zwar in der Weise, daß besagte Mönche alle Zehenten, welche sie im Jahre 1300 innehatten, wiederspruchslos für immer besitzen sollten. Weiter wird noch hinzugegeben der Zehent in Wildenreuth auf dem Hofe, der einst zu Hirschau gehört hatte, und der Zehent in Crob (Grub), welchem Heinrich in Dietholzkirchen von mir nach feudalem Rechte erlangt hat usw. Ob es sich bei dieser Urkunde wirklich um unser Wildenreuth handelt oder um einen andern Ort anderen Namens, konnte nicht einwandfrei festgestellt werden. Höfer schreibt in der Geschichte der Stadt Erbendorf, daß zu Wildenreuth vor der lutherischen Kirchentrennung außer dem Pfarrer noch ein Benifiziat wirkte. Die Pfarrei Wildenreuth dürfte wohl eine der ältesten Pfarreien der Gegend sein, auf jeden Fall ist sie eine adelige Gründung. Die Herren von Wildenreuth übten immer das Patronatsrecht aus. Schon frühzeitig fand die Lehre Luthers in Wildenreuth Eingang. Die Nähe Weidens und Erbendorfs war hier jedenfalls bestimmend. 1539 wurde in Erbendorf die Frühmesserstelle mit dem Prediger Lorenz Rüdel, einem der ersten und eifrigsten Glaubenserneuerer der Oberpfalz, besetzt. Er war ein tüchtiger Redner, der mit Luther befreundet war. Er wurde im Jahre 1541 nach Amberg berufen und wurde 1547 Pfarrer in Pressath. Ottheinrich, der Landesfürst, ein leidenschaftlicher Lutheraner hatte schon am 22. Juli 1542 allen seinen Untertanen befohlen, das nur die Augsburgische Konfession ausgeübt werden dürfe. 1543 erließ er die neue Kirchenordnung. Kurfürst Ludwig V. kümmerte sich um diese Befehle wenig, er ließ die Neuordnung ruhig geschehen. Nach seinem Tode (1544) befahl Kurfürst Friedrich der II. im Jahre 1545, daß die Messe deutsch gelesen und das Abendmahl in zwei Gestalten gereicht werde. Auch erlaubte er die Priesterehe. 1546 trat er selbst öffentlich zur neuen Lehre über. Herzog Ottheinrich wurde wegen seiner Zugehörigkeit zum Schmalkaldener Bund 1546 von Kaiser Karl V. aus seinen Ländern vertrieben. Zur Tilgung der Schulden wurde der Neuburgische Anteil am Gemeinschaftsamt Parkstein / Weiden um 100000 Gulden an Kurfürst Friedrich II. verkauft. Dieser starb am 26. Februar 1556. Ottheinrich von Neuburg erbte die Kurwürde und wurde Alleinherr der Oberpfalz. Nun setzte er ungehindert die Reformation in seinem Sinne durch. 1556 erließ er schon einen Befehl zur Abschaffung des Paptismus und ordnete die Einführung der reinen Lehre des Evangeliums an. 1557 flüchtete der letzte katholische Pfarrer Johann Rott von Erbendorf ins Amt Waldeck. Damit war die Lehre Luthers restlos eingeführt. Auf Ottheinrich folgte als Landesherr Wolfgang von Zweibrücken, ebenfalls eifriger Lutheraner. Dieser starb kinderlos am 12. Februar 1559. Gemeinschaftsherren wurden nun der lutherische Herzog Wolfgang von Neuburg und der pfälzische Kurfürst Friedrich III. von Simmern, der sich 1560 für den calvinischen Lehrbegriff entschied und denselben auch allen seinen Untertanen aufzudrängen versuchte, da ja der Herr die Religion der Untertanen bestimmte. Es muß ein seltsames Religionsgewirr abgegeben haben, da zwei Herren von verschiedenen Konfessionen zu befehlen hatten und jeder seinem Glauben alleinige Geltung zu verschaffen suchte. Obschon Friedrich für den Calvinismus eiferte, konnte dieser jedoch in Wildenreuth so wenig erreichen, wie in anderen Orten, die bis 1614 der Lehre Luthers anhingen und die Untertanen des Calvinismus abgeneigt waren. Mit Einführung der neuen Lehre in Wildenreuth wird wohl auch eine Schule gegründet worden und ein evangelischer Schullehrer angestellt worden sein. Es fehlen aber Urkunden darüber, wer in den ersten 40 Jahren unterrichtete. Das neben der Kirche stehende Schulhaus war schon von jeher Mesnerhaus und Lehrerwohnung. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die ersten lutherischen Geistlichen gleichzeitig Lehrer waren. Stand diesen doch erst nach jahrelanger Praxis in der Schule der Weg zum Pfarramt offen. Im Jahre 1582 wird erstmals Hans Mulner (gest. 1594) als Lehrer erwähnt. Als Maximilian, der sich zum Katholizismus bekannte, in den Besitz der Oberpfalz (1623) kam, setzte auch bei uns bald die Gegenreformation ein. Im Jahre 1628 war dem Adel und den Untertanen befohlen worden, zur katholischen Lehre zurückzutreten. Hans von Pudewels schreibt am 17. September 11628 an den Vizekanzler von Neuburg, Simon von Labricqe, er glaube, versichern zu können, daß sich seine Untertanen zum katholischen Glauben bekehren und von einer Einquartierung absehen zu wollen. Wo alle Belehrungen fruchtlos blieben, überzeugten diese Einquartierungen. Wer trotzdem nicht zur alten Lehre zurückkehrte, hatte innerhalb von 6 Monaten das Land zu verlassen. Die Pfarrmatrikel der Pfarrei Wildenreuth, die fast lückenlos erhalten sind, melden nichts davon, daß während der Zeit der Gegenreformation katholische In Erbendorf waren 5 Jahre Jesuiten und versahen die Pfarreien der Umgebung. Es scheint, daß in Wildenreuth alle Bekehrungsversuche vergebens waren, denn Erdmann Ernst von Pudewels schreibt 1663, daß in Wildenreuth kein einziger Hintersasse sich zur katholischen Konfession bekenne. Als Lehrer waren in dieser Zeit tätig: Wir sehen aus einem kurzen Bericht, daß manche selbst in das Gotteshaus Waffen mitnehmen, denn der Rat von Erbendorf erhebt beim Vizekanzler Beschwerde, daß der Mesner von Wildenreuth mit der Büchse in den Pfarrhof und in der Kirche ein- und ausgehe. Der Kanzler antwortet darauf, daß die Schulmeister und Mesner Rosenkränze und nicht Flinten tragen sollten. Den Seelsorgedienst in der ausgedehnten katholischen Pfarrei Erbendorf besorgte im 16. und 17. Jahrhundert ein einziger Geistlicher. Damals war aber die Pfarrei bedeutend größer als heute. Sie umfaßte neben Wildenreuth, Erbendorf, Krummennaab und Thumsenreuth auch Reuth mit Premenreuth und Friedenfels sowie alle zugehörigen kleineren Dörfer und Höfe. Erdmann Ernst von Pudewels setzte allen Aufforderungen zur Rückkehr zum katholischen Bekenntnis starren Widerstand entgegen. Er berief sich auf eine Bestimmung des Westfälischen Friedens, wonach der 1. Januar 1624 als Normaltermin zu gelten habe. Er erhob Anspruch auf den alleinigen Besitz der Kirche und des Kirchenvermögens, weil während der Jahre vor- und nachher die Bevölkerung protestantisch blieb. Jetzt machte der Herzog von Neuburg sein Hoheitsrecht geltend. Die Einführung des Simultaneums ergab im Gemeinschaftsamt Parkstein große Schwierigkeiten. In dessen Besitz teilten sich nämlich: Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz, der sich zum Calvinismus bekannte und Herzog Wolfgang Wilhelm, ein Katholik und Herzog Christian August von Sulzbach, der bis zum Jahre 1656 Protestant war. 1652 erlangte der Neuburger (Wolfgang Wilhelm) den kurpfälzischen Anteil an diesem Gemeinschaftsamt gegen eine Entschädigung von 200000 Gulden. Somit wären 2 katholische Fürsten die Herren gewesen. Der Sulzbacher fühlte sich jedoch durch diesen Handel benachteiligt und verhielt sich aus diesem Grund jetzt gegen die Einführung des Simultanismus ablehnend, obwohl er 10 Jahre lang für dessen Einführung sich einsetzte. Der Neuburger Herzog ließ jedoch das Simultaneum mit Gewalt durchführen und zwar in den Pfarreien Erbendorf, Thumsenreuth, Wildenreuth, Krummennaab, Parkstein, Kirchendemenreuth, Neunkirchen, Etzenricht, Mantel, Rothenstadt, Freihung, Kohlberg und Kaltenbrunn. Erdmann Ernst von Pudewels wollte jedoch diese Neuregelung für sein Gebiet durchaus nicht gelten lassen. Er wehrte sich gegen die Anordnung seines Landesherren mit dem Vorgehen, daß das Dorf Wildenreuth ein markgräfliches brandenburgisches Lehensgut sei und kein einziger Hintersasse der katholischen Religion zugetan sei. Doch diesmal zog er den kürzeren, die Simultanisierung wurde vollzogen. Der Oberkanzler Franz von Giese kam am 30. April 1663 in Begleitung des Landrichters von Weveld nach Wildenreuth und vollzog die Simultanisierung. Unter dem Schutz von 10 bewaffneten Reitern wurde ein Kapuziner von Parkstein, ein Mesner und ein Ministrant mit brennenden Kerzen zur Kirche begleitet. Da ihnen der Eintritt verwehrt wurde, öffneten sie gewaltsam die Kirche. Es wurde geläutet, am Altar die Litanei gesungen und damit das Simultaneum für eingeführt erklärt. Als evangelische Pfarrer konnten in der Zeit von 1650 – 1700 ermittelt werden: Diese wirkten auch als Lokalschulinspektoren. Als Lehrer waren in dieser Zeit hier tätig: Die katholischen Schulkinder besuchten bis zum Jahre 1705 die evangelische Schule. Da erst im Jahre 1702 durch Pfarrer Weiß in Erbendorf eine Kooperatorenstelle errichtet wurde, war es leicht erklärlich durch die großen Entfernungen in der Pfarrei, daß von einer Unterweisung der Kinder in der katholischen Glaubenslehre keine Rede sein konnte. Pfarrer Schifferdecker von Erbendorf schreibt, daß sie in Glaubenssachen so ungeschickt wie „Stock und Pflock“ seien. Um das Jahr 1700 hatten die katholischen Lehrer zu Erbendorf den Chor- und Meßnerdienst auf den Filialen Wildenreuth, Krummennaab und Thumsenreuth zu versehen. Auf Veranlassung und mit Hilfe des Hofmarksherren von Podewils stellte Pfarrer Schifferdecker von Erbendorf 1706 in Wildenreuth einen katholischen Schulmeister und Organisten auf, der neben Wildenreuth auch Krummennaab und Thumsenreuth zu versehen hatte. Darüber heißt es: Dießfurth, den 21, Dezember 1705“ Dieser Adam Höffer sollte 1708 nach Thumsenreuth kommen, aber der Hofmarksherr Christoph von Lindenfels nahm ihn „wegen seines Gesichts“ nicht an. Höffer ging dann nach Krummennaab. 1709 versah den Schuldienst ein ehemaliger Reitknecht, der weder die Orgel schlagen noch singen konnte. Am 12. März erfolgte die Verteilung durch das Los, doch dauerte der Streit noch fort, bis am 9. August 1708 in Parkstein zwischen den Beteiligten Einigung zustande kam. An der evangelischen Schuld unterrichteten in der Zeit von 1700 – 1800 : In derselben Zeit wirkten als Pfarrherren: Das Verhältnis zwischen Pfarrer und Lehrer einerseits und der Hofmarksherrschaft anderseits war zu jener Zeit scheinbar nicht besonders warm. Wegen jeder Kleinigkeit über die wir heute höchstens lächeln, wurde der Landesherrschaft berichtet. Dicke Aktenbündel enthalten nichts als solche Streitigkeiten. Oft sind sie wegen der Frondienste, meist wegen Schmälerung des Einkommens entstanden. Elisabeth Dorothea von Pudewels rechtfertigt sich in einem Schreiben an den Pfalzgrafen Theodor von Sulzbach am 14. 12. 1716: Wie solches mit dem Exempel N. Breitengrasers zu behaupten, welcher von meines sel. Mannes Großvater ein und abgesetzt worden, nach dessen Abgang (er ist laut Steuerbuch 1637 in Kriegsdienste getreten) noch mit seiner Successoribus als Johann Andrea N. Rosenschon, welcher zuvor abgesetzt und wieder angenommen worden und endlich mit jetzigem Johann Andreas Filchner ein gleiches geschehen.“ Über das Schulhaus finden sich recht wenig Aufzeichnungen. 1769 war ein neuer Bau nötig und der Plan darüber mit dem Befehl genehmigt, die Gebäude aus Stein aufzuführen und mit Ziegeln zu decken. Dieser Bau ist wahrhaftig unterblieben. 1805 sollte auf Befehl der kurfürstlichen Regierung für den Lehrer eine besondere Wohnung erbaut werden, da Lehr- und Wohnzimmer gemeinsam waren. 1822 wurde die „Vierung“ (= das untere Stückwerk) neu erbaut. Am 2. Juli 1851 brannten auch die Schulgebäude mit ab und wurden auf dem alten Platz neu errichtet. Auch das alte, hölzerne katholische Schulhaus nebst Oekonomiegebäuden fiel dem Brand zum Opfer und wurde in den folgenden Jahren neu hergestellt. Die Lehrstelle selbst aber erst 1856 / 57 wiederum besetzt und Schulverweserstelle bezeichnet. Am 4. August 1823 war nämlich die Stelle wegen unzureichender Einkünfte des Lehrers suspendiert worden. Interessant ist es, daß in 125 Jahren an der evangelischen Schule nur 5 Lehrer wirkten: An der katholischen Schule waren seit 1871 34 Lehrer: Im Jahre 1702, also einige Jahre vor der Gründung der katholischen Schule in Wildenreuth, wurde in Erbendorf eine Kooperatorenstelle durch Pfarrer Dr. Weiß errichtet. Dieser 2. Geistliche hatte speziell den Dienst auf den Filialen zu versehen. Bis zum Jahre 1882 übten 58 Kopperatoren Seelsorgedienst in der katholischen Filiale Wildenreuth aus. 1882 – 1897 wurde diese Kooperatur nicht mehr besetzt. Während dieser 15 Jahre wurde in Wildenreuth kein katholischer Gottesdienst an Sonn- und Feiertagen gehalten. Auf mehrmalige Beschwerde besetzte das bischöfliche Ordinariat die Kooperatorenstelle im Jahre 1897 wieder. Die Kirche in Wildenreuth hat als Patron St. Jakob den Älteren. Sie ist heute die einzige Filialkirche der katholischen Pfarrei Erbendorf, da die früheren Filialen Krummennaab, Thumsenreuth und Premenreuth und Friedenfels zu selbstständigen Pfarreien erhoben wurden. Als Simultankirche ist sie zugleich Pfarrkirche der evangelischen Pfarrei Wildenreuth. In ihrer jetzigen Gestalt wurde sie in den Jahren 1808 – 1810 unter Benützung einzelner Teile der alten Kirche neu erbaut. In der Nordseite der Turmwand ist die Jahreszahl 1698 in eine Steinplatte eingemeißelt, jedenfalls das Baujahr des Turmes. Der frühere ist wesentlich niederer gewesen und war nur aus Holz erbaut. Im Jahre 1833 erst wurde er um 6 Schuh erhöht. Ein Blitzschlag zerstörte 1838 die vordere rechte Ecke und zertrümmerte die Fenster. Im Jahre 1852 wurde er in seiner heutigen Gestalt hergestellt und mit Schiefer gedeckt. Der Bau der Kirche, der 1808 schon begonnen wurde, konnte erst im Jahre 1832 vollendet werden, da die Katholiken sich geweigert hatten, die Hälfte der Baukosten zu tragen und der Kirchenwald vollständig abgeholzt war. Wann die Kirche erstmals erbaut wurde, konnte bis jetzt nicht festgestellt werden. Jedenfalls ist sie etwas kleiner als die heutige gewesen. Im 16. Jahrhundert wurde sie neu- oder zum größten Teil umgebaut, denn ein Eintrag im Türkensteuer-Register 1581 lautet: Die Umschrift lautet: Diese 2 bayerischen Reiter gehörten zum Bartl'schen Regiment, wie in der Sterbematrikel der katholischen Pfarrei (dieser Pudewels war katholischer Religion) Erbendorf verzeichnet steht. Es ist nur schade, daß diese sauber gemeißelte Platte, die den Reiter in Lebensgröße zeigt, durch einen Anstrich mit roter und blauer Oelfarbe „verschönert“ wurde. Die Jakobusstatue an der Ostwand der Kirche ist eine Stiftung des Großvaters des jetzigen Gastwirts Bayer. Das Kreuz auf der gegenüberliegenden Seite ist ebenfalls jüngeren Datums. Ein großes Holzkreuz, jedenfalls das alte, stand lange Jahre im Beichtzimmer des katholischen Schulhauses. Beim Umbau im Jahre 1926 wurde es wegen Platzmangels daraus entfernt. An verschiedenen Stellen Beschädigungen ist zu ersehen, daß die ursprüngliche Figur nicht bemalt war, sondern die Blutstropfen nur auf das blanke Holz aufgesetzt waren. Vielleicht gehört es einer älteren Zeit an, sodaß dieser Christus das einzige Überbleibsel der ältesten Kirche wäre. Die 3 Glocken wurden im Jahre 1712 neu angeschafft. (Über den Verbleib der früheren Glocken ist nichts bekannt.) 1920 wurden sie durch 2 neue ersetzt. Die große Glocke (1712) ist heute noch erhalten. 1870 wurde eine Turmuhr angeschafft. 1913 stiftete Friedrich Karl Freiherr von Podewils anläßlich seiner Hochzeit eine neue Turmuhr. Sie kostete 2 000.– Mark. In den Jahren 1926 und 1927 wurde eine elektrische Lichtanlage in das Gotteshaus eingebaut. 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