Geschichte des Raiffeisenvereins Wildenreuth


Der folgende Bericht wurde zusammengestellt aus Notizen von Oberlehrer Georg Götz und Unterlagen des Raiffeisenvereins Wildenreuth, gesammelt von Adam Bergler, Wildenreuth.

Baron Adalbert Freiherr von Podewils, ein Bruder des Wildenreuther Barons, Direktor der Kunstdünger- und Extraktfabrik in Augsburg versuchte am 15.6.1888 bei einem Wirtshausgespräch beim Wagnerwirt Wolf Trötsch in Gössenreuth, die dort anwesenden Gössenreuther Bauern vom Vorteil des Kunstdüngers zu überzeugen. Die Bauern standen dem Ansuchen skeptisch gegenüber und äusserten: „Es helfe ja doch nichts und übrigens sei der Kunstdünger viel zu teuer“. Freiherr von Podewils entgegnete darauf, man sollte es doch wenigstens auf einen Versuch ankommen lassen, um zu sehen, welcher Dünger einen Erfolg verspricht.

Oberlehrer Georg Götz, der auch anwesend war und auf die Bauern einen großen Einfluß hatte, machte den Vorschlag, zuerst den Ackerboden untersuchen zu lassen, um zu erfahren, welche Planzennährstoffe dem Boden fehlten. Dieser Vorschlag fand allgemeine Zustimmung.
Oberlehrer Georg Götz entnahm im Frühjahr 1889 den Flurteilen:
Langengewend
Gössenreuth
Glaserberg
Ritzling
Schafhof
Galgen
ungedüngte Erdproben, verpackte sie in 6 verschiedene Kisten und schickte sie zur Untersuchung an die Agrarkulturbotanische Anstalt in München. Der Befund lautete, der Wildenreuther Ackerboden ist äusserst kalkarm.

Der erste Bauer, der bereit war einen Versuch mit Kunstdünger zu unternehmen, war Wilhelm Häupler aus Gössenreuth Hs. Nr. 3. 1891 säte er seinen Langacker zwischen Wildenreuth und Gössenreuth, das spätere Gelände der Firma Hecht, mit Klee an. Klee war zur damaligen Zeit in unserer Gegend noch ziemlich unbekannt, angeblich war das Klima zu rauh dafür. Die Hälfte des Kleeackers düngte er mit Kalkstaub aus Regensburg, die andere Hälfte blieb ungedüngt. Der Erfolg war überraschend und erbrachte den Beweis, daß die Anwendung von Kunstdünger auch bei uns das Wachstum vermehrt.

Der nächste Düngeversuch wurde von dem Bauern Ullmann in Gössenreuth unternommen. Ein Kartoffelacker wurde in 6 gleiche Rechtecke geteilt und wie folgt gedüngt:
1. Teil blieb ungedüngt
2. Teil Kainit
3. Teil nur mit Stallmist
4. Teil mit Thomasmehl
5. Teil mit Thomasmehl und Kainit
6. Teil mit Thomasmehl, Kainit und Stallmist
über den Erfolg sind keine Aufzeichnungen vorhanden.

Ein Düngeversuch am 14.4.1894 ging allerdings daneben. Frau Barbara Steinhauser, geb. Trötsch streute zum erstenmal Thomasmehl und Kainit auf einer Wiese aus. Da es 14 Tage nicht regnete, war jeder Kunstdüngerwurf auf der Wiese in ausgebrannter Form zu erkennen. Frau Steinhauser konnte bei der Heuernte die Bemerkung nicht unterdrücken: „Da habt's euren neumodischen Kram, die Flecken rühren nur von dem scharfen Zeug her“.

Trotzdem wurden weitere Düngeversuche unternommen und von anderen Bauern nachgemacht.
Der zunehmde Düngermittelverbrauch regte die Bauern an, einen eigenen Verein zu gründen, um den Kunstdünger in größeren Mengen vorteilhafter beschaffen zu können.

Im Jahre 1895 wurde der Darlehenskassenverein Wildenreuth gegründet. Aus diesem Verein wurde später der Raiffeisenverein.
Das 1. Geschäftsjahr begann am 1. Januar 1896. Neben der Annahme von Spareinlagen und Ausgabe von Darlehen wurde auch gleich das Warengeschäft aufgenommen.

Handelsgüter:
• Thomasmehl
• Kalk
• Kali
• Mehl
• Salz
• Kohlen
• Saatgut
• Sämereien
• Waldpflanzen

Mehl und Salz wurde mit einem Zuschlag von 7 Pfennig verkauft.
Handelsdünger wurde mit einem Zuschlag von 5 Pfennig je Zentner verkauft. Der Ankauf von Getreide wurde ebenfalls bereits 1896 durchgeführt. Die Handelsspanne bei Getreide betrug 10 Pfennig pro Zentner.

Um die zahlreichen Darlehensgesuche erfüllen zu können, wurden von einigen gutgestellten Mitgliedern Anleihen aufgenommen. Die Darlehen wurden meistens mit einer Lauzeit von 10 Jahren ausgegeben. Als Sicherheit wurden Bürgschaften verlangt.

An Gemeinschaftsmaschinen wurden den Mitgliedern verschiedene Geräte kostenlos zur Verfügung gestellt, zum Beispiel:
• Ackerwalzen
• Wieseneggen
• Windfegen
• Kleereiber
• Kleemäher
• Beizdrommel
• Viehwaage
Der Kalk wurde Waggonweise bezogen und von Windischeschenbach nach Wildenreuth mit Fuhrwerken befördert und dort in kleineren Mengen an die Abnehmer verteilt.

Bis 1952 wurde ein Schuppen (Schiederweizenstadel) als Lagerraum benützt. Das Geschäftslokal war jeweils in der Wohnung des Rechners.

1952: Wurde ein Lagerhaus gebaut. Der Handel mit Waren, vor allen Dingen auch mit Bauwaren wurde wesentlich erweitert.

1956: Erweiterungsbau des Lagerhauses. Die bisherigen Räume waren für den steigenden Umsatz zu klein geworden.

1960: Ein weiterer Anbau wurde erforderlich für die Unterbringung der Raiffeisenkasse.

1972: Am 28.6.1972 erfolgte die Fussion mit der Raiffeisenbank Steinwald EG mit Sitz in Erbendorf.

1980: Im Jahre 1980 betrug der Jahresumsatz an Waren in Wildenreuth DM 2 210 733.–.

 

Vorstände des Raiffeisenvereins Wildenreuth
Pfarrer Keller
Adalbert von Podewils
Pfarrer Wirth
Johann Simmerl
Gottlieb Lehner (1914 – 1918)
August Simmerl (1919 – 1923)
Theodor Lehner – Ellenbauer (1924 — 1949)
Albert Fichtner – Trogschneider) (1950 – 12.4.67)
Willi Simmerl (13.4.1967 — ????)

 

Rechner der Raiffeisenkasse Wildenreuth
Johann Lehner
Theodor Lehner – Ellenbauer (1911 – 1923)
Johann Rögner (1924 – 1933)
Georg Krauß (1934 – 1939)
Gottlieb Sperber (1940 – 1940)
Ernst Sparrer (1941 – 13.1.1978)

Seit dem Tode von Ernst Sparrer wurden die Rechner von der Raiffeisenbank Steinwald EG gestellt.