Gerichtssitzung in Kirchendemenreuth im Jahr 1450


Der Landrichter von Parkstein sprach ein Gerichtsurteil über sechs Übeltäter aus dem Haberland.

Das Landrichteramt Parkstein hatte eine Außenstelle für Gerichtssitzungen in Kirchendemenreuth. Auf diesem Dorfgericht wurde abgeurteilt über Übeltäter aus Kirchendemenreuth, Steinreuth, Obersdorf, Wendersreuth, Döltsch, Buch und den Mühlen Lenkermühle, Hahnenmühle und Holzmühle. Über eine Gerichtssitzung am Johannistag des Jahres 1450 liegt im Hauptstaatsarchiv in München ein interessanter Bericht. Die Sitzung fand statt an der Gerichtslinde auf dem Vogelberg bei Kirchendemenreuth. Unter den mächtigen Ästen der Linde war ein erhöhter Sitz, mit rotem Tuch ausgeschlagen, für den Landrichter Hans Bleisteiner bereitet, der von 1447 – 1453 auf der Burg Parkstein seines Amtes waltete. Viel schaulustiges Volk hatte sich eingefunden. Als der Landrichter, den weißen Richterstab in der Hand, Platz genommen hatte, stellten sich Büttel und Scharfrichter mit dem Zeichen ihres Amtes, mit Strick und Beil, vor den Richtersitz, daneben sechs Schöffen. Etwas abseits an einem kleinen Tischchen saß der Gerichtsschreiber mit der Gerichtskasse. Nun meldete der Büttel dem Landrichter, daß alle Angeklagten, deren er habhaft werden konnte, erschienen waren. Dann rief der Landgerichtsschreiber die sechs Geschworenen auf. Es waren ältere, ehrenhafte Männer aus Kirchendemenreuth und den umliegenden Dörfern. Der Landrichter sprach die Eidesformel und die Schöffen schworen mit erhobener Hand, daß sie nach bestem Wissen und Gewissen richten wollten so wahr ihnen Gott helfe.

Als erster Angeklagter erscheint der Bauer Gobel. Er hat zu Matthäi seine drei Hunde geschoren und dabei den Frondienst vernachlässigt. Er muß sieben Batzen (1 Batzen = 4 Kreuzer, 60 Kreuzer = 1 Gulden ) Strafe bezahlen.

Der Bauer Winkel ist der nächste Angeklagte. Er hat drei Pfund Fische aus dem Ödbach, der durch eine seiner Wiesen läuft, gefischt. Der Landrichter hält ihm energisch den Diebstahl an dem Gut, das ausschließlich der Herrschaft von Parkstein gehört, vor Augen. Erschwerend wird die Tatsache gewertet,daß das Vergehen in der Karwoche geschah. Winkel muß vier Schillinge Strafe bezahlen. Er braust gewaltig auf und schreit, daß der Teufel die vier Schillinge bei ihm holen solle. Dem Landrichter schwillt die Zornesader auf der Stirn, er sieht erheblich die Würde und das Ansehen des Gerichts in Frage gestellt. Er ruft: „Legt mir den frechen „Pauren“ in Ketten. Im Turm der Burg Parkstein soll er solange sitzen bis die Strafe bezahlt ist.“

Als nächster Angeklagter erscheint der Bauer Lechner. Er hat selber den Richter gespielt indem er dem Mages Nikolaus aus Obersdorf den Kopf blutig schlug, weil dieser ihm das Wasser aus der Wiese geschlagen hat. Lechner muß drei Batzen Strafe bezahlen.

Nun wird Bastian Mages vorgeführt. Er hat einen seiner Frondienste nicht verrichtet der darin bestand, Fischfässer zum Süßenlohweiher zu fahren. Zur Strafe muß er sechs Batzen bezahlen.

Nun tritt der Kläger Zeitler vor den Richter. Er bringt eine Klage gegen Hauer Wolf zu Obersdorf vor. Derselbe hat ihm zwei Pferde totgeschlagen. Hauer verteidigt sich damit, daß ihm die Pferde dauernd in seinen schönen Kleeacker gelaufen seien und denselben sehr verwüstet haben. Da packte den Hauer Wolf so der Zorn, daß er mit dem Beil die Pferde niederschlug. Zur Strafe muß Hauer an Lichtmeß dem Zeitler ein gutes Fohlen geben und den Rest des Schadens mit Geld abdecken.

Zum Schluß der Gerichtssitzung soll noch eine Bluttat gesühnt werden, die wegen eines jungen Mädchens geschah. Der Täter ist flüchtig, da er glaubte, seinen Nebenbuhler erschlagen zu haben. Der Richter erklärt den Flüchtigen voll Zorn für vogelfrei. Da wirft sich ihm die junge Wirtstochter von Kirchendemenreuth zu Füßen und fleht um Gnade für ihren Liebsten, den Paumann Seff, der ihretwegen Wolf, den reichen Bauernsohn, niederschlug. Da geht ein Raunen durch die Gerichtsbesucher, denn der Angeklagte ist erschienen und stellt sich dem Gericht. Wie er Wolf mit verbundenem Kopf sieht, ist er überglücklich, weil er nicht zum Mörder geworden ist. Der Landrichter erfährt nun die näheren Umstände der Tat. Wolf, der der Wirtstochter lange nachgestellt hat, ohne daß diese etwas von ihm wissen wollte, hat aus bitterem Zorn den armen Köhler Paumann Seff schwer gereizt und an der Ehre angegriffen, so daß der schwer Beleidigte sich dazu hinreißen ließ, den Wolf niederzuschlagen. Landrichter und Schöffen lassen Milde walten. Der Angeklagte wird verurteilt zu drei Monaten Haft im Turm der Burg Parkstein.

Ein Gerichtstag auf dem Dorfgericht zu Kirchendemenreuth ist wieder zu Ende. Der Landrichter besteigt sein Pferd und reitet, gefolgt vom Gerichtsschreiber, dem Büttel und dem Scharfrichter, der Burg Parkstein zu.

(Von Oberlehrer Georg Hauser, Windischeschenbach)